Bier des Monats “Februar”

von Lennart Claessens

Bolten Ur-Alt:


Vor einigen Wochen besuchte ich mal wieder meine Heimatstadt am
Niederrhein. Dort trieb mich der Bierdurst an den Bierkühlschrank meines
Vaters. Meist ist dieser sehr gut, wenn auch unspektakulär gefüllt. So findet
man hier doch in der Regel die aus der TV-Werbung bekannten Marken. Am
liebsten gerade jenes Bier, welches bei dem Kauf von ein oder zwei Kisten
ein Bierglas Gratis dazugibt – Marketing funktioniert!
Dazu gesellen sich allerdings schon seit einigen Jahren immer wieder zwei
Biere der Bolten Brauerei aus Koirschenbroich: ein bekömmliches Weizen
und das Bolten Ur-Alt. Letzteres in der attraktiven 0,33l Bügelflasche, also
auch optisch eine Besonderheit. Da greife ich natürlich gerne zu, obwohl der
Bierstil Alt gar nicht zu meinen persönlichen Favoriten zählt.


Ich schenke mir also ein Glas Bolten Ur-Alt ein und bin gespannt, wie es ein
Bier zu uns nach Hause geschafft hat, das weder im Sonderangebot war
noch mit Gratisartikeln wirbt. Optisch ist dieses Bier sehr ansprechend.
Kastanienfarben mit einer feinen, leichten Trübung und einem hell beigen
Schaum, der jedoch sehr schnell zerfällt.


Das Uralt duftet nach Maronen, Kaffee und Schokolade. Zur erwarteten
Röstmalzaromatik gesellt sich ein wenig Süße, nussige Ausschläge.


Der Rest der Familientafel hat meinen Ausführungen zur Aromatik teils
interessiert, teils gelangweilt gelauscht und freut sich nun darüber, dass auch
ich endlich zum Anstoßen bereit bin. Im Mund nehme ich etwas Kohlensäure
war, eher reduziert und sehr schön eingebunden. Das Bier kommt schlank
daher, der Malzkörper ist nicht allzu stark ausgeprägt, die geringe Restsüße
macht Platz für den leicht trockenen Eindruck. Der Alkohlgehalt liegt bei
4,9%.


Zu dem für Altbier typischen, schlanken Röstmalzgeschmack gesellt sich auf
der Zunge ein interessanter und leckerer Nussgeschmack, der mich an
Hasel- & Cashewnüsse erinnert. Parallel spüre ich eine feine Säure, die
passend zur geringen Restsüße nicht dominiert. Abgerundet wird das
Erlebnis des naturtrüben Alts durch den dezenten Hefegeschmack.
Erst im Abgang spüre ich die Hopfenbittere im Rachen. Diese ist fein
ausbalanciert und gibt zusammen mit der auf der Zunge bleibenden
Röstbittere einen merkbaren, wenn auch nicht allzu langen, bitteren
Ausklang.

Eine wirklich schöne Entdeckung. Das Bolten Ur-Alt hebt sich durch seine
natürliche Hefetrübung von seinen Artgenossen ab. Dadurch ist aromatisch
und geschmacklich mehr zu erleben als bei vielen der Düsseldorfer Kollegen.
All diese Eindrücke sind wunderbar ausbalanciert und geben einen schönen,
abwechslungsreichen Gesamteindruck.

Bierige Grüße in die (laut Etikett) älteste Altbierbrauerei Deutschlands, nach
Koirschenbroich.

Ich freue mich schon auf den nächsten Besuch in der Heimat und bin
gespannt was ich dann in Vaters Kühlschrank finde.

Prost!